Portugal 2012

Im Lande des Portweins: Rio Douro

Noch vor vierzig Jahren wand sich der portugiesische Fluss geschmeidig durch das tiefe, weinreiche Tal und seine Oberfläche durchfurchten überwiegend „Rabelos“, Kähne mit flachem Boden, die den jungen Portwein zum weiteren Reifen in die Stadt Porto beförderten. Dann begann der Fluss, sein Antlitz zu ändern: Vor zwanzig Jahren wurde er durch die Fertigstellung einer Kraftwerks- und Schiffsschleusenkaskade endgültig „in Fesseln“ gelegt und der Schiffsverkehr bekam einen anderen Charakter. Was sich allerdings nicht änderte, ist das wundervolle und romantische Tal dieser portugiesischen Wasserstraße: Und seit langem hatten wir uns danach gesehnt, diesen Fluss zu befahren…

 

Der Rio Douro entspringt in der spanischen Provinz Soria und ergießt sich nach 850 km bei der Stadt Porto in den Atlantischen Ozean. Es ist der zweitlängste Fluss auf der Pyrenäischen Halbinsel. Über 520 km durchfließt er die Altkastilische Hochebene in Spanien, einen der schönsten europäischen Canyons einer Länge von 110 km bildet die spanisch-portugiesische Grenze und die abschließenden 210 km durchquert der Fluss von Ost nach West Portugal. Der Großteil seines Laufes hat vor allem im mittleren Teil ein ziemlich starkes Gefälle und wird daher energiewirtschaftlich genutzt. Auf dem gesamten portugiesischen Gebiet ist der Douro auch für größere Schiffe befahrbar.

 

Sonntäglicher Beginn. Unser Charter begann bereits am Sonntagabend. Es war großartig, nach der langen Fahrt mit dem Auto gingen wir in der Marina in Ferradosa gleich an Bord des vorbereiteten Schiffes und konnten am Ufer eine kleine Küche, die Dusche, den Parkplatz für das Auto und alles weitere in Anspruch nehmen. Die Formalitäten der Bootsvermietung verschoben wir auf den nächsten Tag.
Und unser Boot? Die Jacht amerikanischer Produktion Mac Gregor 26 „Douro Vou“, 8 m lang, mit universeller Verwendung: als Motorjacht oder Segelboot und mit Außenbordmotor Honda 50 fährt wie ein „Speedboot“. Ausgestattet mit einer Miniküche, WC und Dusche an Bord – alles für ein „bequemes Leben“. Der Kraftstoffverbrauch ist überraschend niedrig.

 

Auslaufen am Montag. Von der Heimat-Marina in Ferradosa am Flusskilometer 149 laufen wir gegen Mittag stromaufwärts aus. Das Wetter ist günstig, die Wärme angenehm, der Himmel blau … und es hat den Anschein, dass es die ganze Woche so bleibt. Vor uns liegt keine lange Bootsfahrt, lediglich zur Anlegestelle in Faz de Sabor am Flusskilometer 174. Die Zeit bis zum Auslaufen verbringen wir mit Alberto mit der Planung der Trasse, der Bestellung der Termine des Passierens der Schiffsschleusen und nehmen selbstverständlich auch gut gemeinte Ratschläge für die Fahrt an. Unterwegs nutzen wir den „Tipp zu einer allseits berühmten Fischsuppe“ im angenehmen Restaurant Murca in einer Seitenbucht hinter der Eisenbahnbrücke. Sie ist in der Tat hervorragend, dickflüssig, die Portion mit Weißbrot und so vielen Oliven, dass man sie kaum alle essen kann. An der nächtlichen Anlegestelle sind wir allein, wie fast überall zu dieser Jahreszeit.
Umliegende Natur. Wir haben bereits viele Wasserstraßen, Kanäle, Flüsse und auch Seen kennengelernt, jedoch nur mit Mühe erinnern wir uns während der Fahrt an etwas mit dem Tal des Rio Douro Vergleichbares. Ein tiefes Tal, an manchen Stellen mit steilen Felshängen, mit dünn besiedelten, schwer zugänglichen Einzelhöfen und kleinen Dörfern. Hinter den Biegungen des Mäander bildenden Flusses tauchen neue und noch überraschendere Szenerien auf: kleine uralte Terrassen oder ganze, neuere Hänge mit Weinbergen, mit Olivenhainen, Mandel- und Zitrusbäumen voll heranreifender Früchte oder nur die wilde Vegetation. So viele wunderbare Blicke gibt es, dass man einfach das Tempo drosseln muss, da auch bei langsamer Fahrt stets etwas zu bewundern ist.

 

Dienstagsfahrt zur spanischen Grenze. Heute begeben wir uns wieder auf eine kürzere Fahrt, nur zum Flusskilometer 207, nach Barca de´Alva, zu einem kleinen Städtchen an der spanischen Grenze, wo die Befahrbarkeit des Douro endet. In der Mitte der Trasse erproben wir erstmals eine der fünf Schleusenkammern auf dem Douro, die Schiffsschleuse Pocinho. In Barca de´Alva ist auch die „Endstation“ für die aus Porto kommenden Hotelschiffe, wo sich die einzelnen Touristendurchgänge abwechseln. Eine gute Gelegenheit, dem hiesigen Hotel einen Besuch zum Abendessen abzustatten.
Ankerplätze, Marinas und Anlegestellen. Das „Ankern“ auf dem Douro, in der Nacht oder wann immer notwendig, bereitet keine Schwierigkeiten. Anlegestege, kleine und auch größere, gibt es an vielen Orten, vor allem in den Städtchen und in den Dörfern sowie oberhalb der Wehre. Der Service ist allerdings bescheiden, weil man einstweilen wohl damit rechnet, dass die passierenden Boote sämtliche erforderliche Ausstattung haben. Und konkurrenzlos ist selbstverständlich die Ausgangs-Marina in Ferradosa, die wir dreimal benutzen. Alle Anlegemolen können kostenlos in Anspruch genommen werden.

 

„Rückkehr zur Basis“ am Mittwoch. Die Strecke, die wir am Montag und am Dienstag zurücklegten, müssen wir laut Plan am heutigen Tage bewältigen, um zur Marina in Ferradosa zurückzukehren. Ob man es glaubt oder nicht, es geht schneller – wahrscheinlich deshalb, weil wir uns mit dem Strom, sozusagen bergab, bewegen. Dennoch dauert es bei unserer Sightseeing-Geschwindigkeit bis sechs Uhr abends. Unterwegs begegnet uns eine kleine Abwechslung: Alberto kam uns mit dem anderen Boot entgegen und brachte an Bord ein Journalistenteam mit, das einen Bericht über touristische Unternehmungen rund um den Douro vorbereitet. In der Mitte des Flusses, gerade in einem sehr romantischen Canyon, sind wir eine „tschechische Filmattraktion“ und Ludmila gibt ein Interview in englischer Sprache.
… Weinberge, Weinberge … Während der ganzen Fahrt begleiten uns wundervolle und geradezu beruhigende Ausblicke auf die unendlichen Flächen der Weinberge, mitunter sogar an unglaublich unzugänglichen Hängen. Nicht irgendwelche Weinberge oder Weinberge. Weinberge, wo der echte „Portwein“ das Licht der Welt erblickt. Weinberge, die unter riesigen Anstrengungen vieler Generationen entstanden, und die durch feinfühlige Modellierung der Terrassen sowie durch die Urbarmachung der felsigen Hänge ständig erweitert werden. Die Weinbauunternehmen verkünden hoch über dem Fluss ihre Existenz und ihr Eigentum mit riesigen Aufschriften – Quinta de Falheira, Quinta des Ingleses, Quinta so und so. Bei dieser riesigen Winzerkonkurrenz wird der Portwein wird sicher nicht untergehen.

 

Donnerstag mit etwas Extremsport. Der Donnerstagsabschnitt der Fahrt, wieder stromabwärts, wird nicht gerade leicht werden, wie uns Alberto zu erklären versuchte. Gleich ein paar Kilometer unterhalb von Ferradosa, erwartet uns die Schleuse Valeira. Wir passierten bereits viele Schiffshebewerke, von 15 cm bis 15 m, aber 40 m? … Da lässt man sich zwanzig Minuten hinab und sieht kaum noch den Himmel über dem Kopf, von allen Seiten tropft und trieft Wasser. Und dann öffnet sich unten über dem Wasserspiegel eine „Öffnung“ und weiter geht’s auf den überstrahlten Fluss. Aber Vorsicht, unterhalb dieser Kammer ist ein 5 km langer, nicht regulierter Abschnitt, ein Canyon, wo das aus dem Kraftwerk abgelassene Wasser einen Strom von bis zu 12 km/h in der 20 m breiten, von hervorstehenden Felsen gesäumten Fahrbahn bildet. Das Boot fliegt hinab, an der Oberfläche bilden sich Stromschnellen und Rückströme und … uns kommt ein zwanzig Meter breites Hotelschiff entgegen, das das Ausweichen nicht allzu gewöhnt ist. Und dies wiederholt sich heute noch einmal beim Passieren der Schleuse Régua, wenn auch in etwas mäßigerer Form und ohne Hotelungetüm. Zur Nacht machen wir in der Stadt Régua fest.
Douro als Wasserstraße. Der Fluss Douro ist auf dem Gebiet Portugals mittels fünf riesiger Wehre mit Schiffsschleusen befahrbar: Crestuma (15 m), Carrapatelo (45 m), Régua (30 m), Valeira (40 m) und Pocinho (20 m), alle mit Abmessungen von 85 x 12 m. Auch wenn diese Schiffsschleusen von ungeahnter Höhe sind, die größten in Europa, ist das Passieren sehr einfach – das Boot wird mit Tauen an schwimmenden Pollern festgemacht und beim Ein- und Ablassen des Wassers ist der Wasserspiegel unglaublich ruhig. Eine Besonderheit dieser Wasserstraße ist, dass die Schiffe für das Passieren der einzelnen Kammern beim zentralen Dispatcher für einen bestimmten Tag und für eine bestimmte Uhrzeit mindestens zwei Tage im Voraus anzumelden sind. Alberto meldete uns für die ganze Woche im Voraus an und ich muss sagen, dass das funktionierte, stets wussten sie von uns.

 

Freitag ein wenig Erholung. Als „Hauptstadt des Douro-Tals“ wird die Stadt Régua am Flusskilometer 100, eigentlich in der Mitte des befahrbaren Abschnitts, erachtet. Wir hatten dort abends ein paar Probleme mit dem Anlegen, da die Marina gerade im Umbau war. Schließlich benutzten wir nach Absprache mit den Ortsansässigen ein Stück der freien Mole, die für kleine Ausflugsboote bestimmt ist. Die Rückfahrt über die Schleuse Régua hatten wir erst für den späten Nachmittag bestellt… so beschlossen wir, einen Teil des Tages „am Ufer“ mit der Besichtigung des Stadt und dem Auffüllen des Proviants zu verbringen. Genau um 17 Uhr trafen wir am unteren Tor der Schleuse ein, passierten und nach zweistündiger Fahrt bei ziemlich starkem Gegenwind gingen wir zur Nacht in Pinhao vor Anker. Hier gibt es ein hübsches Weinmuseum, doch das hatten wir uns bereits am Vortag in der Mittagspause angesehen.
Portwein. Dieses traditionelle portugiesische Erzeugnis, als Weltkulturerbe bezeichnet, darf lediglich in der Region Alto Douro hergestellt werden. Die Trauben werden ausschließlich im Tal des Flusses Douro auf portugiesischem Gebiet angebaut. „Portwein“ wird nach einer speziellen Methode zubereitet: Nach dem Handverlesen der Trauben lässt man den gepressten Weintraubenmost etwa vier Tage gären und dann wird Brandy, Weinbrand, hinzugegeben, womit das weitere Gären unterbunden wird. Der entstehende Wein enthält somit ungefähr 20 % Alkohol. Im Frühjahr werden die jungen Weine aus den umliegenden Weinunternehmen, auch mit Schiffen auf dem Douro, nach Vila Nova de Gaia, einem Stadtviertel von Porto gebracht, wo sie in Kellern in Eichenfässern einige weitere Jahre bis einige Jahrzehnte reifen. Dieses traditionelle Herstellungsverfahren wird auf das Ende des 17. Jahrhunderts datiert. Nur diese Weine, die hier und nach diesem Verfahren hergestellt werden, dürfen als „Portwein“ bezeichnet werden.

 

Samstag, letzter Tag an Bord. Am letzten Tag der Fahrt wollen die Matrosen gewöhnlich das nachholen, was sie ihrer Meinung nach versäumt haben. In Pinhao legten wir so ab, dass wir in lockerem Tempo genau zur festgelegten Zeit an der Schleuse Valeira sind. Uns erwarteten acht Kilometer Fahrt gegen einen starken Strom. Schließlich kam alles ganz anders. An unsere Fersen heftete sich ein großes Ausflugsschiff, sodass wir wesentlich zulegten, damit es uns zumindest in breiterem Fahrwasser überholen kann. Zum Schluss mussten wir, festgezurrt an einer Leiter vor dem unteren Tor der Kammer, beinahe eine Stunde auf unseren Termin des Passierens warten. Und am frühen Nachmittag gingen wir in Ferradosa vor Anker und konnten Alberto die Erfüllung aller unserer Fahrziele melden.
Tal-Eisenbahn. Der „Begleiter“ vieler Flüsse sind die Eisenbahnen in ihren Tälern. Nicht anders ist es entlang des Douro. Wirklich konsequent, in enger Nachbarschaft, häufig unmittelbar über dem Wasserspiegel, folgt die alte Eisenbahn dem Wasserlauf. Sie beginnt in Porto und verlässt den Fluss an der spanischen Grenze in Barca d´Alva. Früher war sie bis zum spanischen Ort Fuente de San Esteban in Betrieb. Heute endet sie an der Talsperre in Pocinho. Jedoch bilden beide Abschnitte, der noch betriebene und der verlassene, mit ihren Talbrücken über die Hänge des Tals, mit ihren Tunneln und Rampen in den Felspartien des Tals wirklich „attraktive“ Orte. Und nur interessehalber – von Ferradosa nach Porto dauert die Fahrt mit dem modernen Bummelzug etwa drei Stunden.

 

Sonntag und Ende. Am frühen Morgen verlassen wir das Schiff, die Marina, Ferradosa und begeben uns mit dem Auto, auf den weiteren Weg durch Portugal. Allerdings verlassen wir den Rio Douro nicht und unser heutiges Ziel ist die Stadt Porto, die zweitwichtigste portugiesische Stadt. Wir wollen sehen, wo der Fluss seinen Weg im Ozean beendet und wo in den Kellern der „echte alte Portwein“ heranreift, wo die Namen der Firmen wie Ferreira, Warre´s, Barros oder Sandeman ihren Weltruhm erlangen.

 

Noch vor vierzig Jahren wand sich der portugiesische Fluss geschmeidig durch das tiefe, weinreiche Tal… Noch vor wenigen Jahren wussten wir nicht, dass diese Wasserstraße überhaupt existiert. Heute kennen wir sie bereits und darüber hinaus gewannen wir die Erkenntnis, dass sie wirklich schön ist. Und dies wissen wir vor allem dank der Chartergesellschaft „DouroVou“ – www.douro.biz. Sie ist allen Liebhabern der Binnenschifffahrt wärmstens zu empfehlen.

 

Mai 2012

Charter: www.douro.biz